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Kleine Probleme
von Nele Pollatschek
★★★★★ / gelesen 2023-12-20 bis _ / Amazon
Eindrücke
Kleine Probleme, große Fragen
Nele Pollatschek hat mit ihrem zweiten Roman „Kleine Probleme“ einen Bestseller geschrieben, der viele Leserinnen und Leser anspricht. Der Protagonist Lars ist ein neunundvierzigjähriger Vieldenker und angehender Schriftsteller, der sein Leben aufräumen will, bevor das neue Jahr beginnt. Doch statt seine To-do-Liste abzuarbeiten, verliert er sich in Gedanken, Erinnerungen und Selbstzweifeln. Er prokrastiniert, schiebt alles auf später und muss am Ende erkennen, dass er an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert ist.
Als Journalist für eine kleine Zeitung kann ich mich gut mit Lars identifizieren. Auch ich kenne das Gefühl, immer mehr zu wollen, als ich schaffen kann. Auch ich habe oft das Bedürfnis, mein Leben zu ordnen, bevor ich mich an mein Lebenswerk wage. Und auch ich frage mich manchmal, ob ich nicht zu viel Zeit mit Nebensächlichkeiten vergeude, statt mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Pollatschek erzählt Lars' Geschichte mit viel Humor, Tragik und Philosophie. Sie nimmt uns mit in sein chaotisches Haus, seine komplizierte Familie und seine unerfüllten Träume. Sie zeigt uns, wie er sich mit perfekten Kindern und unperfekten Eltern, mit Liebe, kleinen Schrauben und großen Werken auseinandersetzt. Sie lässt uns an seinen Gedankensprüngen, seinen Selbstgesprächen und seinen inneren Konflikten teilhaben. Sie konfrontiert uns mit seinen kleinen Problemen, die zugleich große Fragen sind: Was ist wichtig im Leben? Was macht uns glücklich? Was ist unser Sinn?
„Kleine Probleme“ ist ein Roman, der mitten ins Herz unserer Existenz trifft. Er ist eine alltägliche Geschichte, die uns mit unseren eigenen Schwächen und Fehlern liebevoll quält. Er ist eine Herausforderung, die sich absolut lohnt. Er ist ein Buch, das uns lehrt, unser Leben nicht auf später zu verschieben.
Der Schreibstil von Pollatschek ist spritzig, witzig und klug. Sie schreibt in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Lars, der uns seine Gedanken und Gefühle direkt und unverblümt mitteilt. Sie verwendet viele Anspielungen, Zitate und Metaphern, die auf Lars’ Bildung und Kulturverständnis hinweisen. Sie spielt mit Sprachwitz, Ironie und Sarkasmus, um Lars’ Humor und Selbstkritik zu zeigen. Sie wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, um Lars’ Erinnerungen und Erlebnisse zu verknüpfen. Sie schafft einen lebendigen, authentischen und unterhaltsamen Ton, der den Leser fesselt und zum Nachdenken anregt.
Lars, neunundvierzigjähriger Vieldenker und angehender Schriftsteller und notorischer Aufschieber. Dummerweise kenne ich die Art von Aufschiebertum, die Lars an den Tag legt, nur zu Gut.
Pollatschek schreibt in einer ausuferenden Abfolge von Gedanken über die kleinen Aufgaben, die Lars an dem einen Tag, den wir ihn begleiten. Gedanken, Geiseltum, Philosophisches. Wie gesagt: dummerweise ertappe ich mich bei dem ein oder anderen tatsächlich, es selbst zu denken, sehen - oder nicht zu sehen.
In meinem Kopf liest mir das Buch außerdem Bjarne Mädel in seiner Art und Weise, die er im Tatortreiniger an den Tag legt, vor. Oder Tommy Wosch. Keine Ahnung wieso. Aber es ist diese Mischung aus Egal und Selbstrechtfertigung gemischt mit ein paar philosophischen Gedanken.
Das Buch ist kurz. Ob es kurzweilig ist - keine Ahnung. Die Sätze sind manchmal Fetzen, manchmal Bandwurm. Es ist nicht schwer lesbar. Mittelmäßig verdaubar. Unterhaltend vom Selbstschmerz der Figur, und doch auch irgendwie tragisch.