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buecher:inmitten-der-nacht [2023/12/20 15:57] thomasgigoldbuecher:inmitten-der-nacht [2023/12/20 16:14] (aktuell) thomasgigold
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 Insgesamt ein unheimlich guter Roman mit offenem Ende. Es ist ein Episode - ein paar Tage, die ein Wendepunkt im Leben der beiden Familien sind, die wir begleiten. Wer Romane mit einer Auflösung mag, wird hier nicht glücklich. Dafür ist die Atmosphäre unheimlich dicht, die Figuren lebensnah und die Abgründe, vor denen jeder von uns stet, gut geschrieben. Absolut empfehlenswert. Insgesamt ein unheimlich guter Roman mit offenem Ende. Es ist ein Episode - ein paar Tage, die ein Wendepunkt im Leben der beiden Familien sind, die wir begleiten. Wer Romane mit einer Auflösung mag, wird hier nicht glücklich. Dafür ist die Atmosphäre unheimlich dicht, die Figuren lebensnah und die Abgründe, vor denen jeder von uns stet, gut geschrieben. Absolut empfehlenswert.
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 +===== Zitate =====
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 +Später am Abend, nach Hamburgern, Hotdogs und gegrillten Zucchini, nach Schüsseln voller Eiscreme mit zerbröselten Keksen und vielleicht sogar ein paar geschnittenen Erdbeeren würden sie hoffentlich ficken. Nicht miteinander schlafen, das konnten sie auch zu Hause. In den Ferien wurde gefickt, dann wälzten sie sich verschwitzt und feucht in der aufregend fremden, teuren Bettwäsche anderer Leute. Anschließend würden sie nach draußen gehen, sich in den beheizten Whirlpool setzen und vom Wasser reinwaschen lassen, sie würden jeder eine Zigarette rauchen und sich unterhalten wie zwei Menschen, die seit vielen Jahren verheiratet sind: über Geld, über die Kinder, über Fieberträume von Wohneigentum (wie schön es wäre, so ein Haus zu besitzen!). Oder sie redeten gar nicht, das andere große Vergnügen in einer langjährigen Ehe.
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 +Letztendlich war Moral auch nur eine Form von Eitelkeit.
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 +Die Welt wurde von der stillschweigenden Übereinkunft zusammengehalten, dass sie nicht auseinanderbrechen konnte. Um eine Vorstellung zu zerstören, brauchte es kaum mehr als die Absprache einer Gruppe. Es gab keine wirklichen Strukturen zur Abwehr des Chaos, nur den kollektiven Glauben an die Ordnung.
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 +Kinder lieben Stöcke, in der Hinsicht sind sie wie Hunde. Wenn man ein Kind in einen Park mitnimmt, wird es einen Stock aufheben.
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 +Irgendwann hatte sie ihre Kinder zum letzten Mal in den Schlaf gesungen, ihnen zum letzten Mal den Hintern abgewischt, ihren Sohn zum letzten Mal nackt gesehen, so makellos wie am Tag seiner Geburt. Man weiß nie, welches Mal das letzte ist, und wenn man es wüsste, könnte man nicht weiterleben.
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 +Ein Knall ertönte, wobei das Wort nicht ganz zutraf. Lärm war auch nicht die korrekte Bezeichnung, wobei sich am Ende alle Arten von Lärm der Beschreibung entziehen. Letztendlich war auch Musik nur ein Geräusch; kam man Beethoven durch Worte näher? Da war ein Geräusch, ja, aber dieses Geräusch war so laut, dass es fast greifbar erschien, und es kam absolut unvermittelt, weil es in die Stille hineinplatzte. Erst war da nichts (das echte Leben!), und dann war da das Geräusch. So etwas hatten sie nie zuvor gehört. Wie auch. Dieses Geräusch, diesen Knall hörte man nicht– man erlebte, ertrug, überstand und bezeugte ihn. Es war nicht übertrieben zu behaupten, dass der Knall ihr Leben in zwei Teile zerlegte: in die Zeit davor und die Zeit danach.
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 +Bevor sie die Kinder bekommen hatten, waren sie alle Fragen durchgegangen– haben wir das nötige Geld, haben wir den Platz, haben wir das Zeug dazu–, aber sie hatten sich nie gefragt, in was für einer Welt die Kinder später leben würden.
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 +Man redete sich ein, die Sorgen hätten irgendwann ein Ende. Zuerst sollten die Kinder nachts durchschlafen, dann entwöhnt werden, laufen lernen, Schnürsenkel binden, später dann lesen, Algebra, noch später Sex, College- Zulassung, und dann wären die Eltern frei. Aber es war eine Lüge. Die Sorgen waren unendlich. Einzige Aufgabe der Eltern war es, ihre Kinder zu beschützen.
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 +Man redete sich ein, man interessiere sich für weit entfernte Völkermorde, aber das stimmte nicht. Die Entfernung machte sie bedeutungslos. Die Menschen waren einander gar nicht so verbunden. Ständig geschahen schreckliche Dinge, und nie hielten sie einen davon ab, Eis zu essen, Geburtstag zu feiern, ins Kino zu gehen, Steuern zu bezahlen, den Ehepartner zu bumsen oder sich Sorgen wegen der Hypothek zu machen.
  
 ===== Klappentext ===== ===== Klappentext =====

buecher/inmitten-der-nacht.1703084221.txt.gz · Zuletzt geändert: 2023/12/20 15:57 von thomasgigold